Groschen und Gulden aus der Hussitenzeit
Der bisher größte Münzfund im Land Brandenburg kam in Altlandsberg ans Tageslicht



So sah der Altlandsberger Münzschatz nach der ersten Durchsicht aus.
(Foto:Archäologiebüro ABD-Dressler)




Im mittelalterlichen Paulikloster zu Brandenburg an der Havel wird das
archäologische Erbe dieses Bundeslandes verwahrt und ausgestellt.




Von weit her kommen die Goldstücke, die 2008 beim Bau eines Supermarktes
in Fürstenberg an der Havel zum Vorschein kamen und im Paulikloster gezeigt
werden. (Fotos: Caspar)

In der kleinen ostbrandenburgischen Stadt Altlandsberg (Kreis Märkisch-Oderland) wurde bei Bau- und Erdarbeiten der größte Münzfund gehoben, der bisher im Land Brandenburg entdeckt wurde. Der etwa 2,35 Kilogramm schwere Schatz besteht aus 7.450 Münzen aus dem 13. bis zum frühen 15. Jahrhundert. Bei der Vorstellung des von Unbekannten angesammelten Vermögens erklärte die Kulturministerin Martina Münch kurz vor Weihnachten 2016, solche Münzfunde seien für Archäologen und Kunsthistoriker eine landeskundlich außerordentlich wichtige Forschungsquelle. "Sie geben Einblicke in wirtschaftliche Verhältnisse, ökonomische Verbindungen, politisches Selbstverständnis sowie technische und künstlerische Fähigkeiten der jeweiligen Zeit." Eine besondere Rolle spiele dabei der exakte Fundort, denn er liefere für die Wissenschaft wertvolle Erkenntnisse, ermögliche die Rekonstruktion von historischen Zusammenhängen und mache Etappen der Landesgeschichte sichtbar. Die Ministerin dankte den Bauabeitern und allen anderen Beteiligten für ihre umsichtige und professionelle Arbeit bei der Freilegung und dem Umgang mit dem sensationellen Fund in einer Stadt mit mittelalterlich geprägtem historischem Zentrum.

Franz Schopper, Direktor des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums, erklärte, bislang könnten zu dem Altlandsberger Münzfund nur vorläufige Aussagen getroffen werden, da noch nicht alle Münzen bestimmt sind. "Wenn sich die vermutliche Verbergungszeit um 1430 bestätigt, könnten die Geldstücke im Zusammenhang mit dem Zug der Hussiten durch die Mark Brandenburg dem Boden anvertraut worden sein. Für eine endgültige Interpretation muss jedoch die Bearbeitung aller Münzen abgewartet werden." Die in korrodiertem Zustand aufgefundenen Geldstücke werden zunächst gereinigt und einzeln bestimmt, später folgt die wissenschaftliche Auswertung und Einordnung.

Der Münzschatzfund kam am 7. November 2016 bei Baggerarbeiten auf dem Gelände des Schlossgutes in Altlandsberg anlässlich einer archäologischen Dokumentation ans Tageslicht. In einem spätmittelalterlichen Keramikgefäß befanden sich 13 Prager und Meißner Groschen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, aber auch elf 11 rheinische Goldgulden aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Hauptmasse besteht aus mehr als 7.000 silbernen Hohlpfennigen aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Der Fundort auf dem Domänenhof gegenüber dem Altlandsberger Brau- und Brennhaus gehörte im 15. Jahrhundert zum Vorfeld der Stadtbefestigung. Der Schatz könnte dort im Jahr 1432 während des Einfalls der aus dem böhmischen Königreich stammenden Hussiten in die Mark Brandenburg und der Belagerung und Zerstörung der Stadt durch die Aufständischen verborgen worden sein, die sich nach dem 1415 in Konstanz am Bodensee als Ketzer verbrannten Geistlichen und Rektor der Prager Universität, Jan Hus, nannten und halb Europa in Angst und Schrecken versetzten.

Uraltes Gold und Silber

Nach Angaben des Archäologischen Landesamtes gibt es im Land Brandenburg mehr als 30.000 archäologische Fundplätze und derzeit rund 10.000 eingetragene Bodendenkmale. Seit 1990 wurden etwa 28.000 archäologische Grabungen durchgeführt. Zu den herausragenden Funden in dem Bundesland gehören unter anderem rund 2.200 Silbermünzen aus der Slawenzeit, die 2015 in Lebus ans Tageslicht kamen, und ein Goldmünzenfund aus der Zeit Friedrichs des Großen in Ziesar. Erwähnenswert sind auch mittelsteinzeitliche Gräber in Groß Fredenwalde und ein Massengrab aus dem Dreißigjährigen Krieg von der Schlacht bei Wittstock. Diese und weitere archäologischen Funde sind laut Denkmalschutzgesetz Eigentum des Landes Brandenburg. Für die Regionalgeschichte besonders wichtige Fundstücke aus Keramik, Metall, Holz und anderen Materialien, aber auch menschliche Gebeine sowie mittelalterliche und neuzeitliche Münzfunde werden im Archäologischen Landesmuseum gezeigt, das vor einigen Jahren im Paulikloster zu Brandenburg an der Havel eingerichtet wurde.

Thomas Kersting, der Chef der Bodendenkmalpflege im Landesdenkmalamt, nennt als ein besonders interessantes Beispiel für solche Entdeckungen die acht spätantike Goldmünzen, die 2012 im uckermärkischen Biesenbrow gefunden wurden und vermutlich Mitte des 6. Jahrhunderts vergraben wurden. Das sei die Zeit der Völkerwanderung, in der die Region kaum besiedelt war. Kersting hofft auf weitere Funde dieser Art. Einen Auftrieb habe die von den Archäologen begleitete Suche erfahren, als das Landesamt seine Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern verstärkt hat und auch eine zielgerichtet Öffentlichkeitsarbeit über den Wert und Nutzen solcher Grabungen betreibt.

Das dreifache böse Weh

Das Schloss zu Altlandsberg spielte, nebenbei gesagt, in der kurbrandenburgischen Geschichte eine Rolle, denn hier wuchs während seiner Prinzenzeit der spätere Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. "in" Preußen, unter der Obhut seines Erziehers Otto Reichsfreiherr von Schwerin auf. Er hatte großen Einfluss auf den wegen einer Verwachsung "schiefer Fritz" genannten Prinzen, der alles andere als ein Draufgänger, eher ein Stubenhocker und Bücherwurm war. Dieser väterliche Freund wurde 1663 durch Eberhard von Danckelmann als Prinzenerzieher abgelöst, ein Mann, der nach dem Thronwechsel von 1688 zu höchsten Staatsämtern aufstieg. Er verhandelte mit dem römisch-deutschen Kaiser wegen der preußischen Königskrone, die Friedrich III. mit List und Tücke und viel Bestechungsgeldern anstrebte. Allerdings schuf sich Danckelmann am Berliner Hof wegen seiner reservierten Haltung zum Lieblingswunsch seines Herren manche Feinde. Diese Neider brachten den Herrscher gegen Danckelmann auf und warfen ihm Misswirtschaft und außenpolitische Pleiten vor, die eigentlich der Kurfürst zu verantworten hatte.

Als Danckelmann in Ungnade fiel und gefangen gesetzt wurde, drängten sich gerissene Machtmenschen an seine Stelle. Die berüchtigten drei "bösen Weh" - Wartenberg, Wartensleben und Wittgenstein - übten einen verheerenden Einfluß auf den Kurfürsten und König aus. Millionen Taler flossen in ihre Taschen. Obwohl deren schändliches Treiben bekannt war, gelang es ihnen, sich bei ihrer Entmachtung einen ehrenhaften Abgang zu verschaffen, während Danckelmann, der gegen den Traum seines Herrn von der Königskrone opponiert hatte, in Festungshaft gehalten wurde. Friedrich I. war Zeit seines Lebens Altlandsberg zugetan. Er kaufte das Schloss derer von Schwerin und ließ es in einen prächtigen Palast umbauen, der Mitte des 18. Jahrhunderts abbrannte. Doch das ist eine andere Geschichte.

5. Januar 2017

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